Mein eigener Nachruf 😉
Das war’s.
Luzz® Formentera ist am 19. Oktober 2019 nach 23 Saisons mit Ankündigung geschlossen worden. Es waren tolle Zeiten dabei, unglaubliche Momente, lustige Nächte und viele nette Menschen.
In den letzten Wochen wurde ich oft von den Gästen gefragt, warum wir die Bar aufgeben wollen und unsere Familie von dieser Traum-Insel Formentera wegziehen will. Dafür gibt es viele Gründe, die sich im Laufe der letzten Jahre gezeigt und seitdem kontinuierlich verschlechtert haben:
- Unangenehmer Massentourismus, der die Insel per Tagestourismus auslaugt und von Ibiza und Denia aus gesteuert wird (im Sommer ca. 168 Fährbewegungen pro Tag, 3,32 Millionen Besucher auf der Insel in 2018). Hiesige Politiker und Hoteliers haben die Kontrolle und Steuerungsmöglichkeiten inzwischen fast vollständig verloren
- Offensichtliche Inkompetenz der früheren Inselregierung (bis Mai 2019, mehr als fünf Jahre mit absoluter Mehrheit regierend) ohne Aussicht einer möglichen Besserung der inzwischen offensichtlichen Krisensituation oder Einsicht über die Notwendigkeit von strukturellen Änderungen (die entsprechende Partei ist auch für die nächsten fünf Jahre stärkste Kraft, nur ohne absolute Mehrheit).
- Katalanisch-rassistische Schulpolitik mit stark bevormundendem Charakter einer Minderheitensprache und verbunden damit eine Benachteiligung unserer Kinder in der Schule (Benachteiligung aller nicht nativ katalanisch sprechender Kinder, da katalanisch nicht unterrichtet, sondern vorausgesetzt wird)
- Generell politisch ungewisse katalanisch-egoistische Situation in der Region mit politisch rückschrittlichter Tendenz und der Bevorzugung der wohlhabenden indigenen Bevölkerung
- Zunehmend stark finanziell und geistig minder bemittelte Besucher in der Bar (Gratis-Mentalität, zunehmende Verblödung, wirres Verhalten, fragwürdiges Zahlungsverhalten)
- Damit verbunden immer öfter erschöpfend fordernde Gäste im regulären Gastronomiebetrieb trotz günstiger Preise in meiner Bar
- Mangel an spanischem Personal, italienisches Personal überwiegend unfähig
- Ghettoisierung von Es Pujols / Betonwüsten-Charme ohne Begrünung
- Verwahrlosung des erst vor zwei Jahren mit großem finanziellen Aufwand renovierten Dorfkerns von Es Pujols und insbesondere des Plaza Europa
- Unverhältnismäßiges Verkehrsaufkommen auf den Hauptverkehrsstraßen der Insel
- Abzocke der Touristen, Geschäftsleute und Anwohner von Es Pujols seit nunmehr zwei Jahren durch die Inselregierung beim Thema Parken. In allen Orten der Insel gibt es großzügige öffentliche Parkflächen, die kostenlos genutzt werden können. In Es Pujols ist jeder Zentimeter Parkfläche gebührenpflichtig. Nicht nur ärgerlich und teuer, sondern auch sehr geschäftsschädigend
- Mangelnde Polizeipräsenz durch einschneidende Sparmaßnahmen der Inselregierung bei der Policia Local und gleichzeitig steigenden Bezügen der verantwortlichen Politiker
- Überfüllte und verschmutzte Strände
- Quallenplagen
- Unverhältnismäßig hohe Preise für täglich benötigte Produkte in den Supermärkten und inzwischen auch im Großmarkt. Auslistung vieler spanischer Produkte und Einlistung italienischer Show-Produkte bedingt durch italienischen Massentourismus und immer mehr italienischen Residenten
- Insbesondere im Winter schlechte Qualität bei Gemüse und Obst bei hohen Preisen und stark eingeschränktem Angebot
- Extrem hohe Energie-Preise im Vergleich zu anderen spanischen Regionen (Wasser/Strom)
- Gefühlte gesundheitliche Belastung durch klimatische Extreme (Sommer/Winter) und große Hitze in der Betonwüste Es Pujols / Plaza Europa
- Tendenz des Aussterbens von ursprünglichen Strandbuden und normalen Kneipen im Allgemeinen auf der gesamten Insel
- Inselflucht der Intelligenz und Auswanderung vieler einheimischer Jugendlicher
Trotzdem habe ich auch sehr glückliche Zeiten auf Formentera verbracht. Ich habe mit meiner Partnerin, die ich 2009 im Luzz® kennen lernte, eine Familie gegründet, ein Haus gekauft und zwei prächtige Jungens in die Welt gesetzt. Leider hatte ich inzwischen bedingt durch das Nachtleben der touristischen Gastronomie sechs Monate im Jahr zu wenig Zeit für meine Jungens.
Tolle Leute lernte ich kennen. Es wurde viel gelacht und manchmal war es auch traurig. Ein normales Leben auf einer ehemals entspannten Mittelmeerinsel. Leider hat sich dies in den letzten Jahren stark geändert und es ist nicht mehr erstrebenswert, dauerhaft hier zu wohnen. Ich werde Formentera nicht verteufeln. Aber ich muss und will an eine bessere Zukunft meiner Familie denken. Aus meiner Sicht und meiner begründeten Meinung nach wird diese Zukunft nicht rosig für diese Insel. Jedenfalls nicht in der nahen Zukunft. Und jedenfalls nicht für normale Menschen.
Als Tourist für ein paar Tage bleibt Formentera ein schönes Stück Erde. Unbestritten! Egal, was die Verantwortlichen noch alles verbocken. Aber seid doch mal ehrlich: Wer verbringt denn noch mehr als 5 bis 10 Tage Urlaub auf Formentera?
Nur sehr, sehr wenige noch…